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In der Maramuresch feiert man Ostern traditionell

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In der Maramuresch feiert man Ostern traditionell
Ochsengespanne und Holzstabkirchen, Marmelade aus wilden Kirschen, Trachtenfeste und Ostereiermalerei: Die Maramuresch ist eine der ursprünglichsten Regionen Rumäniens. Ein Bild wie aus uralten Zeiten: Um den großen Lehmbackofen herum stehen die Frauen und vertreiben sich die Wartezeit mit tratschen und lachen.

Ursprüngliche Dörfer in der Maramuresch

Über ihnen der Himmel voll funkelnder Sterne, Glockengeläut von der Dorfkirche her. Schließlich wird die Klappe geöffnet, aus der Glut kommen, auf dem langen Schieber, die prächtigen Mohn- und Nussstrudel.

Vorsichtig setzt Valeria die goldbraunen Laibe in ihre Körbe. Dann tragen wir die duftende Fracht gemeinsam nach Hause, jenseits des kleinen Baches im Dorf Rohia, in der nordrumänischen Region Maramuresch.

Dort wohnt die Familie Pop: Valeria und ihr Mann Ioan, die Töchter Ioana, 9, und Ana, zwei Jahre alt, und die Großmutter. Sie haben uns eingeladen, ihre Osterfeierlichkeiten mitzuerleben.

Die religiösen Traditionen haben 50 Jahre Kommunismus überdauert, hier gibt es keine Kirchenaustritte, im Gegenteil: Die orthodoxe Kirche erlebt gerade eine neue Blüte.

Junge Männer drängen nach dem Priesteramt. Kaum gibt es ausreichend Platz für die wachsende Zahl von Mönchen und Nonnen. Überall in den Dörfern glitzern die Dächer von neu erbauten Klöstern und Kirchen.

Für die tief verwurzelte Volksfrömmigkeit ist die Maramuresch bekannt. Die waldreiche, dünn besiedelte, an der Grenze zur Ukraine gelegene Region hat sich die Ursprünglichkeit des Dorflebens bis heute bewahrt.

Berühmt sind die mächtigen Holztore vor den Höfen, reich geschmückt mit symbolischen Ornamenten. Holzbildhauer aus Begeisterung ist auch Ioan Pop.

Sein stattliches Haus im Dörfchen Rohia, unweit des gleichnamigen Klosters, hat er über und über mit traditionellen Schnitzereien ausgestattet:

Als vollbärtiger Athlet in Ketten präsentiert sich auf dem riesigen Wandpaneel am Treppenaufgang Christus bei seiner Gefangennahme, der ebenfalls vollbärtige Künstler Ioan hat sich, ernst dreinblickend, selbst als geschnitzte Holzfigur eingereiht.

Für uns, die Gäste aus dem 120 Kilometer entfernten siebenbürgischen Klausenburg (Cluj-Napoca), gibt es nach dem nächtlichen Backen frisches Brot, dazu Telemea, einen kräftigen, weißen Schafskäse, und eine köstliche Marmelade aus wilden Sauerkirschen, die jetzt überall an den Berghängen blühen.

Dann zieht Valeria oben, im Kachelofenzimmer, die geräumige Couch aus, und auf dem weichen Schaffell als Unterlage schlafe ich wunderbar.

Hähne krähen, das ist der Weckruf in der Maramuresch. Unten rollen Pferdefuhrwerke vorbei. Ich blicke auf die Bergsilhouette im Aprilsonnenschein, es ist Karfreitag.

Ioana führt uns über die sandigen Dorfstraßen, vorbei an den hoch aufgetürmten Heuhaufen, hin zu einem Strudel, in dem sich der Bach an der alten Mühle staut.

„I like to bath here, in summer“, sagt Ioana, gern übt sie ihre Englischkenntnisse. Im glasklaren Wasser des Gebirgsbaches haben die Frauen vor den Feiertagen Teppiche und Wolldecken gewaschen.

Viele Zutaten für das Essen stammen aus dem Garten und von den Wiesen: Mit Gummihandschuhen helfen wir, junge Brennnesseln für das Gemüse zu sammeln, ebenfalls den frischen Bärlauch.

Nicht nur guten, sondern „pofta mare“, großen Appetit, wünscht man in Rumänien: Wir genießen die üppigen Fastenspeisen, die auf dem wachstuchgedeckten Küchentisch aufgebaut sind.

Ioana schleppt schon mal einen Eimer mit Zwiebelschalen heran, sie liefern das Gelb zum Eierfärben.

Dass auch in Rohia die neue Zeit angekommen ist, zeigt sich am Nachmittag in der Dorfschule. Marin Stratu, der junge, allseits beliebte Lehrer, möchte uns die Klassenräume im alten Herrenhaus zeigen.

Die Kinder haben sie fantasievoll und farbenfroh gestaltet, dabei sieht das Ganze höchst akkurat aus. Die Weltbank, so erzählt Stratu stolz, habe die Schule mitsamt 17 anderen in Rumänien in ein Förderprojekt einbezogen: Da stehen neue Computer und sogar ein Farbdrucker.

Im Lehrerzimmer, mit den Häkelgardinen vor den Fenstern, bekommen wir Tuica angeboten, einen hausgebrannten Obstschnaps, das ist hier einfach selbstverständlich.

„Gott helfe uns“: Mit dem althergebrachten Gruß empfangen uns Maria und Iov Gherman. Auch unter dem Dach ihrer 2003 gegründeten Pension begegnen sich Tradition und Moderne.

Die zehn Zimmer haben Internetanschluss. Doch die 56-jährige Wirtin kocht und backt wie in alten Zeiten, auch hier gibt es Cozonac, den gefüllten Hefestrudel, und natürlich jederzeit auch ein Gläschen Tuica.

Beide, Maria und Iov, sprechen Französisch, die großen Kinder helfen mit Englisch aus. Iov ist dabei, vor seinem Haus ein Holztor nach alter Art zu errichten, mit aufwendig verziertem Rahmen und einem kleinen Schindeldach.

„Mittlerweile können wir ganz von unserer Pension leben“, sagt die Hausfrau: Aus Frankreich, Belgien, Polen, aber auch aus Deutschland kommen Gäste, die sich an den mit Wildblumen übersäten Bergwiesen und den alten Holzkirchen mit Spitztürmen freuen, sie sind den norwegischen Stabkirchen ähnlich.

Nach Surdesti, wo die Stabkirche zum Erzengel steht, mit 72 Metern Europas höchstes Holzbauwerk, führt ein schöner Tagesausflug.

Tipps und Infos für Rumänien

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Anreise

Zum Beispiel mit Wizz Air (www.wizzair.com) von Dortmund, mit Tarom (www.tarom.ro) von Frankfurt, mit Lufthansa (www.lufthansa.com) von München nach Cluj-Napoca (Klausenburg), mit dem Mietwagen nach Rohia auf der E 576, weiter nach Targu Lapus und Rohia.

Unterkunft

Pension „Maria“ in Rohia, Telefon 0040/262 38 74 22, www.pensiuneamaria.com, DZ etwa umgerechnet 20 Euro, Informationen über Unterkünfte und Routen gibt bei Antrec, der rumänischen Vereinigung für ländlichen, ökologischen und kulturellen Tourismus, www.antrec.ro

Auskunft

Informationszentrum für die Maramuresch, Führungen und Ausflüge sowie Informationen über besondere Kurse, wie Ikonenmalerei, Pilzesammeln, Schnitzen, Volkstanz: Fundatia Agro-tur-Art OVR in Vadu Izei, www.vaduizei.ovr.ro

Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus und des Widerstands in Sighetu Marmatiei, www.memorialsighet.ro

Wanderungen im Rodna-Nationalpark, www.parcrodna.ro; gute Wanderkarten gibt es bei Transylvania Travel, www.transylvaniatravel.net

Rumänisches Touristenamt, Berlin, Telefon 030/241 90?41, www.rumaenien-tourismus.de

In den 90er-Jahren wurde die Unesco auf die 60 eigenwillig schönen Kirchen aus dem 17. und 18. Jahrhundert aufmerksam, acht von ihnen sind heute ein Welterbe der Menschheit, geschützt als „herausragende Beispiele einer für Nordrumänien typischen Sakralarchitektur“.

Bis zum Ostersonntag ist noch einiges zu tun: Wir helfen in der Küche beim Bemalen der Ostereier. Das ist eine Kunst für sich.Mit einem Stäbchen wird erhitztes Wachs auf die Eier aufgebracht, zum Abdecken für vielfältige Muster.

Danach kommen die Eier in farbige Tauchbäder. Über einem Gasbrenner erwärmt und abgerieben, kommen schließlich kleine Wunderwerke zum Vorschein: Die Eier glänzen rot, schwarz, gelb, sie sind dekoriert mit Kreuzen, Ähren, Sternen, Blättern und Ranken, aber auch mit komplizierten geometrischen Mustern wie Rauten und Dreiecken.

Valeria, die mit ihrer Familie jeden Sonntag die Klosterkirche besucht, hat uns dort angemeldet: Das große Eingangstor ist bunt bemalt.

1999 wurde eine Straße den steilen Hang hinauf gebaut. Dort reckt sich die prächtige, 1923 im neobyzantinischen Stil errichtete Kirche mitsamt dem von Galerien umzogenen Wohnhaus der Mönche empor. Pater Ilie zeigt uns die Bibliothek mit den Hinterglasikonen und Manuskripten aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

In einer Klause mit schönster Aussicht verbrachte der rumänische Philosoph Nicolae Steinhardt neun Jahre. Im kommunistischen Kerker war er vom Juden zum orthodoxen Christen konvertiert. „Die Securitate“, so meint Pater Ilie, „hat ihn nach der Freilassung schließlich doch noch vergiftet.“

Voller Lebensfreude, redselig und gastfreundlich ist Pater Vasile, der uns am Ostersamstag beim Ausflug ins benachbarte Kloster Rohita, in dem kleinen Rohia, begrüßt.

Die Fahrt über die holprige Straße entlang dem Fluss in seinem breiten Kieselbett hat sich gelohnt: Aus Eiche geschnitzt und gebaut ist hier alles.

Fresken schmücken die zwei Andachtsräume, einer ist mit dicken Teppichen ausgekleidet, speziell für den bitterkalten Bergwinter.

Gleich unter dem Kirchturm, hoch über dem Tal, gibt es einfache, freundliche Übernachtungsräume mit hausgewebten Wolldecken. Für wenige Euro werden hier auch ausländische Gäste aufgenommen.

Die 20 Brüder von Rohita bekommen viel geschenkt, sagt Pater Ilie, auch gutes Brot aus dem Steinofen der Bäckerei im nahen Städtchen Targu Lapus.

Zu Hause, im Dorf, sind alle Höfe gefegt. Der Hirte mit Strohhut und dem typischen breiten Ledergürtel, der mit seinen Schafen ins Tal gekommen ist, lässt sich gern fotografieren.

In der Küche türmt Valeria gerade vier, fünf abgekühlte Krokantböden zu einer Torte auf. In einer riesigen Emailleschüssel zieht ein Salade de Boeuf, in hausgemachter Mayonnaise. Der Lammeintopf dampft auf dem Eisenherd vor sich hin.

Nachts um elf brechen wir schließlich auf, diesmal zu Fuß, mit Taschenlampen, den schmalen, alten Weg hinauf zum Kloster. Festlich gekleidet, drängen sich dort die Gläubigen.

Unter einem Baldachin im Freien zelebrieren die Popen, im weißgoldenen Ornat, zur Mitternacht singend die Auferstehungsmesse. Rundum ein Kerzenmeer: An der großen Osterkerze haben sie ihr Wachslicht entzündet, mit dem sie nun singend die Kirche umrunden.

Gegen zwei sitzen wir wieder in der Küche, schmausen und trinken fröhlich mit unseren Gastgebern. Valeria, der berufstätigen Hausfrau, steht die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben. „Christus ist auferstanden“, so grüßt man einander in der Maramuresch auch noch die nächsten Tage, mit der Antwort: „Wahrhaftig ist er auferstanden.“

Auf dem Papier war die Zerstörung der reichen bäuerlichen Kultur auch hier, fernab von Bukarest, 1987 bereits beschlossen: Ein „Systematisierungsplan“, der vorsah, mehr als 7000 Dörfer zu vernichten und durch 500 agroindustrielle Zentren zu ersetzen, war das wohl letzte Projekt des größenwahnsinnigen Diktators Nicolae Ceausescu.

Die Revolution machte dem Vorhaben zwei Jahre später gerade noch rechtzeitig ein Ende.

So blieben Architektur, Brauchtum und Landschaft der Maramuresch weitgehend erhalten. Der Tourismus hat die Grenzregion erst spät entdeckt, und die Menschen in den vielen kleinen Dörfern abseits der wenigen Metropolen, oft auch abseits der Straßen, freuen sich immer noch über ausländische Besucher.

Die dürfen ungeniert eine Unterhaltung versuchen und natürlich auch, nach freundlicher Verständigung, Bilder machen, die sonst in Europa kaum noch zu haben sind: Da plaudern die Bauern am Sonntag, in kleinen Gruppen, schön gekleidet in ihren typischen Trachten auf den Straßen.

Die Männer tragen weitärmelige, weiße Hemden, darüber die unverkennbaren weißen Maramuresch-Walkjacken, die rundum mit schwarzem Samt gesäumt sind.

Das ganze Jahr hindurch ist noch der kecke Clop zu sehen, ein topfförmiger, sehr kleiner Strohhut für Männer, oft mit Quasten und Kinnband.

Lustig und adrett wirken, besonders bei den alten Frauen, die immer kniekurzen, sehr weiten Röcke, darüber sind mancherorts filzige Wollschürzen gebunden, gelbschwarz gestreift wie Wespen. Das bunte Kopftuch tragen sie alle, Großmütter und Enkelinnen.

An Indianer-Mokassins erinnern die flachen, fast bis zur Wade geschnürten Opinci: Das altertümliche Schuhwerk soll noch auf die Daker, die Ureinwohner Rumäniens, zurückgehen.

Anders als das übrige Rumänien ist – darauf sind die Leute hier stolz – die Maramuresch nie von den Römern erobert worden. Auch die Türken hielten sich von den dichten Wäldern fern, die noch um 1900 die gesamte Region überzogen.

Die ganze Pracht der Trachten mit ihren vielfältigen Variationen ist Silvester, auf dem traditionellen Winterfestival, in Sighetu Marmatiei zu sehen, unmittelbar an der ukrainischen Grenze am Zusammenfluss von Iza und Theiß (Tisa) gelegen.

Wer Folkore liebt, kann beim großen Hora-Fest, das jedes Jahr im August am Prislop-Pass in 1200 Meter Höhe gefeiert wird, nur staunen: Früher wurde hier ein Hochzeits- und Schafmarkt abgehalten.

Nun kommen Tausende aus den umliegenden Dörfern in farbenfrohen Trachten, zu Musik und Tanz auf den Almen.

Sighet, wie das Städtchen kurz von den Einheimischen genannt wird, ist aber auch ein Ort der schmerzvollen Erinnerung: Das Memorial im ehemaligen habsburgischen Gefängnis, von der Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert, ist die wohl bekannteste Gedenkstätte des Landes „für die Opfer des Kommunismus und des Widerstandes“.

In den Zellen, die besichtigt werden können, wurden vor allem Intellektuelle in Isolationshaft gehalten, gequält und gefoltert. Historiker, Generäle, Lehrer, Bischöfe, Professoren, Politiker der traditionsreichen Bauernpartei: Zu Tausenden kamen sie hier zu Tode.

Zuvor die Strafzelle: kein Fenster, nur eine schwere Eisenkette in der Mitte. Auf dem Lehmboden siechten die Gefangenen dahin, bevor sie auf dem Friedhof der Unbekannten in Sighet verscharrt wurden.

Ihre Fotos bedecken heute die Wände des Memorial, durch das auch in deutscher Sprache geführt wird. In einem Innenhof haben einige europäische Künstler eine Meditationsstätte geschaffen.

Tief durchatmen muss der Besucher nach dieser Begegnung. Frei wird der Kopf wieder bei einer Wanderung im Rodna-Nationalpark, der sich gut vom weiter östlich gelegenen Kurstädtchen Borsa aus erkunden lässt.

Angenehm frisch ist es hier auch im Hochsommer, über 50 Kilometer verläuft der Kamm des Rodna-Gebirges in westliche Richtung.

Bizarre Gipfel, Gletscherseen und steile Felswände, auf denen Gämsen klettern, prägen das Bild des 460 Quadratkilometer großen Parks. Tief in den Wäldern leben noch Luchs und Wolf.

Selbst in den Sommermonaten und auf den mit roten Dreiecken markierten Wegen können Wanderer hier einsam bleiben.

Doch dann, nach Stunden, steht plötzlich ein Pferdehirt am Weg. Nach anfänglicher Zurückhaltung taut er auf, nimmt gern einen Müsliriegel und bietet dafür lachend eine Tuica an.

 

http://www.welt.de/reise/nah/article13233652/In-der-Maramuresch-feiert-man-Ostern-traditionell.html