Für viele Banater Schwaben ist „der Baragan“ mit unheilvollen Erinnerungen verknüpft: Aus grenznahen Ortschaften wurden im Jahr 1951 Menschen deportiert und in der unwirtlichen, praktisch unbewohnbaren Steppe nahe der Donau ausgesetzt. Die nachträgliche Dokumentation der Ereignisse erfolgte in Deutschland über Zeitzeugenberichte, zum Beispiel die Briefe und Aufzeichnungen des späteren Schriftstellers Ludwig Schwarz, der selbst Deportierter war. 1981 veröffentlichte Heinrich Freihoffer einen Erlebnisbericht
in Romanform („Sklaven im Baragan“). Seit der Wende zeigen sich nun auch in Rumänien ernsthafte Bestrebungen, die Gräueltaten des Kommunismus’ aufzuarbeiten und zu dokumentieren.
Die Wanderausstellung „Schwarze Pfingsten“ des Bukarester Zentrums für Kommunismusforschung zur Deportation in die Baragan-Steppe wird nun in ihrer deutschen Fassung in mehreren deutschen Städten gezeigt, derzeit (in Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft der Banater Schwaben) noch bis zum 5. März im Rumänischen Generalkonsulat in München. Bei der Eröffnung konnten der aus dem Banat stammende Vizekonsul Michael Fernbach und der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Peter-Dietmar Leber, zahlreiche interessierte Banater begrüßen. Luzian Geier führte kundig in die Ausstellung ein.
Im Gegensatz zu den Russland-Deportationen war die Deportation in den Baragan keine ethnische, sondern eine politisch-stalinistische Maßnahme „sowjetischen Typs“. Das Material des Zentrums für Kommunismusforschung besteht demnach auch hauptsächlich aus Zeitzeugenberichten und Dokumentationsmaterial von Rumänen aus verschiedenen Landesteilen, die den größten Anteil der Deportierten stellten. Auf den Ausstellungspaneelen werden übersichtlich und fundiert historische Daten und Fakten vermittelt; das Hauptaugenmerk ist jedoch auf die menschlichen Schicksale gerichtet, die sich mit den Erfahrungen der Banater Schwaben decken: Fotos und Zitate zeigen die Bewältigung des Alltags unter unmenschlichen Bedingungen, die Organisation von Arbeit, Schule, Bau der Häuser, aber auch Feiern, Hochzeiten, Taufen, Begräbnisse. Die geschätzten 50000 Deportierten, von denen die Banater Schwaben etwa ein Viertel ausmachten, gründeten in der Baragan-Steppe 18 Ortschaften und lebten mehr als fünf Jahre lang in einem Mikrokosmos aus Provisorien, Ungewissheit, Zwangsarbeit und Alltagsgeschehen. „Wir wohnen im Stoppelfeld, in Hütten aus Weizengarben. (…) Wasser trinken wir aus der Donau, und die ist über 2 km weit weg“, schreibt Ludwig Schwarz am 28. Juni 1951 an seine Mutter im Banat. Diese Stimmung vermitteln auch die Ausstellungstafeln, die nun in ihrer deutschen Fassung in mehreren deutschen Städten gezeigt werden. Erstellt wurden sie in Zusammenarbeit mit dem Rumänischen Kulturinstitut in Bukarest in der Übersetzung von Gerhardt Csejka. Von Berlin aus ging die Ausstellung nach Sindelfingen (Haus der Donauschwaben) und München (Rumänisches Generalkonsulat), geplant sind derzeit noch Ausstellungsorte wie Augsburg (Bukowina-Institut, ab März), Ulm (Donauschwäbisches Zentralmuseum) und Tübingen. Eindrucksvoll die unkommentierten Tafeln mit den Namen der Toten – naturgemäß sind da auch viele deutsche Namen dabei. Keine Übersicht gibt es über die dort geborenen Kinder, wie zum Beispiel die Schriftsteller Gerhard
Ortinau und Horst Samson. Ihre Geburtsorte gibt es nicht mehr. Die Ortschaften verfielen nach dem Abzug der Deportierten im Jahr 1956.
Aus Banater Sicht ergibt sich durch diese Ausstellung ein Perspektivenwechsel, denn sie bietet den Blick auf die gesamte Deportationsmaßnahme, die auch andere Grenzregionen betroffen hat. Zusätzlich ist sie ein Beweis dafür, dass es in Rumänien mittlerweile ernsthafte und wissenschaftlich seriöse Bemühungen gibt, die kommunistische Vergangenheit aufzuarbeiten. Das Zentrum für Kommunismusforschung wurde von dem Schriftstellerehepaar Ana Blandiana und Romulus Rusan mit dem Ziel gegründet, Zeitzeugenberichte und Dokumentationsmaterial zu den Verbrechen der kommunistischen Zeit zu sichern und aufzubereiten. Wichtigstes Projekt ist das Dokumentationszentrum im ehemaligen Securitate-Gefängnis in Sighet („Memorial Sighet“). Da die qualifizierte wissenschaftliche Dokumentation in Zeiten wechselnder politischer Konstellationen auch nicht immer einfach ist, wurde 1994 eine Bürgerstiftung gegründet, die das Vorhaben finanziell und ideell sichert. Die vorliegende Aus-
stellung ist somit eines der Puzzle-Teilchen zur Aufklärung der Geschehnisse aus dunklen Zeiten.